Moppelalarm: Fast die Hälfte der Pferde in Deutschland ist zu dick – 20 Prozent von ihnen gelten sogar als fettleibig. Doch woran liegt's? Schuld ist die moderne Zivilisation – wenig Bewegung bei einem reichlichen Futterangebot lässt die Fettpolster wachsen. Genau wie bei Dir geht diese Kombination auch beim Pferd „auf die Hüften“. Das Problem: Übergewicht beim Pferd kann schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Erkrankungen des Bewegungsapparats und Stoffwechselkrankheiten wie EMS oder Hufrehe machen Deinem zu schweren Pferd dann das Leben noch schwerer. Daher lautet die Devise beim zu dicken Pferd: runter mit den Kilos, Dein Pferd muss abnehmen. Doch wie geht das am besten und woran erkennst Du überhaupt, ob Dein Pferd zu dick ist? Wie verwandelt sich Fett in Muskelmasse und welche Diät ist für Dein Pferd geeignet? 

In diesem Ratgeber erfährst Du, wie die Kilos beim Pferd purzeln und die Laune dennoch oben bleibt.


Bild eines Pferdes mit zu hohem Body Condition Score
Viel auf den Rippen – Leichtfuttrige Ponys haben häufig ein zu hohes Gewicht

 

Einst fraßen die Pferde vor allem Kilometer. Sie legten lange Strecken zurück und nahmen über den ganzen Tag verteilt Mahlzeiten in kleine Portionen zu sich, wanderten durch karge Steppen von einem Halm zum anderen. Fresspausen kamen dabei selten vor, viel Futter auf einmal hatte ihre natürliche Umgebung jedoch meist nicht zu bieten. 

Heute ist das anders. Die Strecken, welche Dein modernes Pferd täglich zurück legen muss, sind deutlich geschrumpft, die Portionen dafür gewachsen und statt vieler kleiner Mahlzeiten über den Tag verteilt, erhält Dein Pferd oft wenige Mahlzeiten täglich, die dafür aber üppig ausfallen: Trotz leichter Arbeit werden viele Pferde gefüttert, wie ein Hochleistungstier: Mit reichlich Getreide mit hohem Stärkegehalt oder Futter mit Zuckerzusatz. Das fällt ins Gewicht. Es zeigen sich Fettpolster am Mähnenkamm, über den Augen, am Bauch und auf der Kruppe – Dein Pferd ist zu dick. 

Einfach nur auf Diät setzen und weniger füttern damit Dein Pferd abnehmen kann, ist dennoch keine gute Idee. Besser ist es, Dir das Komplettpaket aus Fütterungsmanagement, Haltung und Bewegung anzuschauen – und die Hauptursachen für das Übergewicht zu erkennen.

 

Wie Futter aufs Gewicht schlägt 

Fette Kuhweiden, ausgesät für Hochleistungsrinder, können für Dein Pferd mitunter gefährliche Kalorienbomben sein. Als ehemaliges Steppentier an ein rohfaserreiches, aber nährstoffarmes Pflanzenangebot gewöhnt, liefern die heutigen Weiden deutlich mehr Energie, Protein und auch Zucker, was den empfindlichen Stoffwechsel Deines Pferdes schnell überlasten kann. In Verbindung mit einer zusätzlichen Kraftfuttergabe und zu wenig Bewegung werden vor allem leichtfuttrige Pferde schnell rund. Vor allem getreidehaltige Futtermittel können hier zum Hüftgold werden: Die hohen Stärkemengen aus Getreide dienen der Energieversorgung und werden im Dünndarm zu Glucose abgebaut, um Muskelzellen als Energielieferant zu dienen. Überschüssige Energie, welche nicht durch z.B. Muskeltätigkeit verbraucht wird, wird jedoch in Fettzellen gespeichert – typische Fettdepots bilden sich. 

Auch Heu liefert auf natürliche Weise Zucker und dient der Energieversorgung Deines Pferdes. So enthält 1kg Heu ca. 10% Zucker und sollte in der Rationsberechnung nicht unbeachtet bleiben. Denn mit Heu und Gras sind viele unserer Freizeitpferde bereits ausreichend versorgt und benötigen oftmals nur noch einen Salzleckstein und Mineralfutter.

 

Zu viele Kilos durch Bewegungsmangel

 

Das Trainingsprogramm der meisten im Freizeitbereich genutzten Pferde entspricht dem, was Experten als „leichte Arbeit“ bezeichnen: 60 min Reiten täglich mit mindestens 30 min Schritt, 20 min Trab und 10 min Galopp. 
Schwere Arbeit leisten, wenn überhaupt, nur Hochleistungspferde während der Turniersaison. Die in vielen Ställen üblichen Futtermengen entstammen noch einer Zeit, in der Pferde vor dem Pflug ackern mussten, in der Kavallerie oder vor der Kutsche im Einsatz waren. Überfütterung mit stärkereichem Getreide in Kombination mit Bewegungsmangel, gerade dann, wenn das Pferd überwiegend in der Box oder auf einem kleinen Paddock steht, ist eine der Hauptursachen für krankmachende Kilos.


So erkennst Du, ob das Pferd zu dick ist


Zu dick! Wie kann ein Pferd abnehmen?

Um herauszufinden, ob Dein Pferd zu dick ist, kannst Du seinen BCS (Body Condition Score) ermitteln. Auch genaues Hinsehen und Fühlen geben Aufschluss: Sind die Rippen noch tastbar oder verstecken sie sich unter einer Fettschicht? Schwabbelt der Mähnenkamm, sind Fettpolster auf der Kruppe zu sehen? Ein dicker Bauch allein ist nicht grundsätzlich ein Zeichen für Übergewicht, sondern kann andere Ursachen haben. Daher solltest Du Dein Augenmerk eher auf die anderen Körperbereiche des Vierbeiners richten, wenn Du den Verdacht hast, dass Dein Pferd übergewichtig ist. Ziehe auch immer den Tierarzt zurate – sein geübter Blick kann das Gewicht des Tieres beurteilen, außerdem kann er eine Hilfestellung beim Abnehmprogramm geben. Hat die Beurteilung ergeben, dass die Kilos beim Pferd purzeln sollten, ist Handeln gefragt. Doch wie kann das Pferd also abnehmen, ohne, dass die Laune in den Keller sinkt? Das Verdauungssystem des Pferdes ist auf Dauerfressen ausgelegt. Daher ist es keine gute Idee, die Fresszeit zu reduzieren und einfach weniger zu füttern, wenn das Pferd zu dick ist. Fresspausen setzen den Vierbeiner unter Stress und können zu Magengeschwüren führen. Folgende Maßnahmen haben sich als sinnvoller erwiesen, wenn das Pferd abspecken soll:

 

Fütterung ändern:

Verzichte auf Futter mit einem hohen Zucker- und Stärkeanteil. Wenn Du Deinem Pferd Kraftfutter füttern möchtest, achte auf strukturreiches, stärkearmes Futter (manchmal auch als Diätfutter ausgewiesen), speziell für den Bedarf leichtfuttriger Pferde hergestellt. 

 

Für Bewegung sorgen:

Ermögliche Deinem Pferd regelmäßig ausreichend Bewegung und steigere langsam das Trainingspensum. Damit die Pfunde purzeln, sollte Dein Pferd ins Schwitzen geraten! Achte aber darauf, Deinen Vierbeiner nicht zu überfordern und erstelle Dir einen Trainingsplan, der auch Erholungsphasen ermöglicht. Reduziere die Futtermenge an arbeitsfreien Tagen oder in z.B. krankheitsbedingten Stehphasen.

 

Pferd mit hohem Gewicht beim Training an der Hand in der Natur
Ein ausgedehnter Spaziergang ist ein tolles Training bei Übergewicht des Pferdes.

 

Leichtfuttrige Pferde gemeinsam halten:

Einige Ställe bieten eine Haltung, angepasst an die Bedürfnisse leichtfuttriger Pferde an. Möglichst viel Bewegung mit Laufstrecken zu Futterstellen, die Haltung auf Magerweiden und die Fütterung von Heu aus engmaschigen Netzen halten die Kilos in Schach.

 

Weidehaltung optimieren:

Leichtfuttrige oder bereits übergewichtige Pferde sollten relativ spät angeweidet werden. Denn gerade zu Beginn der Weidesaison im Frühling, sind die Gräser noch sehr energie- und zuckerreich. Bei besonders empfindlichen Pferden, auch im Hinblick auf die Gefahr von Hufrehe, sollte also möglichst spät angeweidet werden, wenn das Gras rohfaserreicher und nährstoffärmer ist. Für leichtfuttrige Pferde können außerdem Magerweiden angepflanzt werden.

Übrigens: Eine zeitliche Begrenzung des Weidegangs kann Sinn machen, sollte jedoch nicht zu stark eingeschränkt werden. Denn je kürzer die Weidezeit, desto hastiger fressen die Pferde das Gras. So zeigte eine wissenschaftliche Untersuchung, dass die Pferde bei 3-stündigem Weidegang größere Grasmengen pro Stunde aufnahmen, als bei längerem Weidegang.

 


Heu im Blick: Macht Raufutter rund?

Am Heu zu sparen, wenn das Pferd zu rund dasteht, ist kontraproduktiv. Heu ist immernoch die Basis einer artgerechten Pferdefütterung und sollte daher nicht vom Speiseplan gestrichen oder drastisch reduziert werden. Heu fördert die Gesundheit des Verdauungssystems und sorgt dafür, dass das Pferd Nährstoffe optimal verwerten kann und der Stoffwechsel gut funktioniert.
Je länger die Fresszeit, desto gesünder und zufriedener das Pferd. Einem dicken Pferd, das in der Box oder auf einem kleinen Paddock steht, bergeweise Heu „all you can eat“ vor die Nase zu legen, ist natürlich dennoch keine Lösung. Langeweile macht Appetit. Bei moppeligen Pferden empfiehlt sich daher, neben reichlich Auslauf, das Heu in engmaschigen Netzen zu servieren und auf Heu ad libitum zu verzichten. So sind die Vierbeiner wesentlich länger mit der Futteraufnahme beschäftigt, können nicht schlingen, haben ein Sättigungsgefühl und sind damit zufriedener. Wer möchte, kann die Heunetze auch zum Teil mit Stroh füllen – für ein langes Fressvergnügen.
Futterpausen lösen Stress beim Pferd aus – daher kann es vorkommen, dass Pferde, die seltener Zugriff auf Futter haben, um so kräftiger zulangen, wenn dann endlich die Mahlzeit serviert wird. Sind Pferde erstmal daran gewöhnt, dauerhaft Zugang zu Raufutter zu haben, werden die meisten von ihnen nach einiger Zeit von selbst Fresspausen einlegen, da sie nicht befürchten müssen, mit leerem Magen da zu stehen.

Auch viel Auslauf und Sozialkontakte sorgen dafür, dass das Pferd nicht permanent „am Büffet steht“ – intelligente Haltungssysteme, zum Beispiel der Paddocktrail, der so angelegt ist, dass die Vierbeiner von Futterstation zu Futterstation wandern müssen, fördern das Abnehmen.

Ist Dein Pferd zu dick, reduziere oder streiche das Kraftfutter und reiche genügend Heu und ein hochwertiges Mineralfutter – das ist in der Regel ausreichend für Pferde in Erhaltung und in leichter Arbeit.

Augen auf bei der Rationsberechnung! Ein Futterexperte kann Dir bei der Berechnung der für Dein Pferd optimalen Rationsmenge helfen. Bedenke jedoch, dass auch Zwischensnacks wie Leckerli, Möhren oder Äpfel Kalorien enthalten. Und sie daher in die Berechnung der Ration mit einfließen sollten.

 


Kalorienverbrauch: So viel verbrennt das Pferd in Bewegung

Reiten macht schlank: Sieben Kalorien verbrennt ein Reiter im Schnitt pro Minute auf dem Pferd, besagen aktuelle Untersuchungen. Doch wie sieht das beim Vierbeiner aus? Auch hier gibt es Zahlen aus der Forschung:

  • Eine Stunde Trab, Verbrauch beim Pferd: ca. 2.500 Kalorien
  • Eine Stunde Schritt, Verbrauch beim Pferd: ca. 1.000 Kalorien

An diesen Zahlen ist deutlich zu erkennen, dass ein auf Dein Pferd zugeschnittenes Trainingsprogramm durchaus beim Abnehmen helfen kann. Ist Dein Pferd gesund und soll Kilos verlieren, sorge also für reichlich Bewegung und Sport – bei ausgedehnten Spaziergängen, flotten Ritten, an der Longe, vor der Kutsche, im Viereck, im Wald oder im Parcours und natürlich auf der Koppel mit den besten Kumpels. Zusammen mit einem cleveren Fütterungsmanagement wird der Vierbeiner so sehr bald abnehmen. Damit aus Fett Muskeln werden können, solltest Du bei der Fütterung, neben Heu, auf Proteine, Vitamine, Spurenelemente und Mineralien setzen: Sie helfen beim Muskelaufbau und sorgen, im Gegensatz zu Stärke und Zucker, nicht für unerwünschte Kilos.


Fazit

Dicke Pferde sind keine Seltenheit. Und Wohlstandskrankheiten wie EMS, Hufrehe und Cushing daher weit verbreitet. Daher solltest Du unbedingt handeln, sobald Dein Pferd Anzeichen für Übergewicht zeigt. Eine stärke- und zuckerreduzierte Fütterung, ausreichend Heu in engmaschigen Netzen, viel Beschäftigung und Bewegung sind der beste Weg aus der Moppel-Falle. Und leistest damit einen entscheidenden Beitrag für ein langes, gesundes Pferdeleben.