Working Equitation im Trend – Was hat es mit der Reitsportdisziplin auf sich?
Du reitest im Seitwärtsgang über Stangen, im Galopp in einen Pferch, kreiselst rückwärts um Tonnen, angelst Ringe mit der Garrocha, treibst Rinder mit atemberaubenden Wendemanöver hinter ein Gatter und siehst dabei ausgesprochen elegant aus – Working Equitation nennt sich die Disziplin der Reiterei, deren Fangemeinde auch hierzulande stetig wächst. Sie ist eine Mischung aus Dressur und Trailreiten und erfordert jede Menge Geschicklichkeit von Pferd und Reiter. Was Dich erwartet, wenn Du in die Working Equitation einsteigen möchtest, welche Übungen sich für Anfänger eignen und was von Pferd und Reiter auf Wettbewerben erwartet wird, erfährst Du in diesem Ratgeber, in dem wir die häufigsten Fragen zum Thema Working Equitation für Dich beantwortet haben.
Was ist Working Equitation?
Unter dem Begriff Working Equitation werden die alten europäischen Arbeitsreitweisen zusammengefasst. Aus ihnen entstand einst das Westernreiten. Die Arbeit in der Landwirtschaft und vor allem mit Rindern bildete einst das Zentrum der alten Reitweisen in Spanien, Portugal, Frankreich und Italien. Doch im Laufe der Zeit drohte diese Tradition in Vergessenheit zu geraten, da die Landwirtschaft auf modernere Methoden zurückgriff. Um die verschiedenen europäischen Arbeitsreitweisen zu erhalten, wurde ein internationaler Verband gegründet. Unter dem in Portugal ansässigen Dachverband, der WAWE (World Association for Working Equitation), vereinen sich heute Verbände aus 12 Ländern. Regelmäßig werden in dieser Disziplin Wettbewerbe veranstaltet. Auch in Deutschland gibt es seit 2008 einen Verband für Working Equitation.
Welche Ausrüstung benötige ich für Working Equitation?
Geritten werden kann grundsätzlich mit jeder Ausrüstung. Wer an Wettbewerben in Working Equitation teilnehmen möchte, muss sich aber an bestimmte Regeln in Sachen Ausrüstung und Zubehör für Pferd und Reiter halten.
Der Reiter trägt gedeckte Farben, Stiefel, Stiefeletten oder Chaps, Reitweste oder Blazer sollten zum Stil des Pferdes und der Ausrüstung passen. Damen tragen in der Regel eine Bluse mit langen Ärmeln, Herren ein Langarmhemd. Auch Krawatten und Halstücher sind erlaubt. In den Prüfungen tragen manche Reiter den Stil des Landes, welches sie repräsentieren, in einigen ist dies sogar vorgeschrieben.
Bis zum vollendeten 18. Lebensjahr besteht in den Prüfungen Helmpflicht.
Beim Pferd gelten für die Ausrüstung folgende Regeln: Prüfungen dürfen im englischen, iberischen und im Westernsattel geritten werden. Gamaschen sind nur in einigen Teilprüfungen erlaubt und sollten schwarz oder braun sein. Die Art der Zäumung unterscheidet sich in den jeweiligen Prüfungskategorien. Einsteiger in der Anfängerklasse reiten mit einfach oder doppelt gebrochenen Gebissen, ab der leichten Klasse darf auch eine blanke Kandare oder eine Kandare mit Unterlegtrense zum Einsatz kommen. Ab der mittelschweren Klasse ist die Zäumung auf Kandare Pflicht, ab der schweren Klasse wird ausschließlich einhändig geritten.
Einige Reiter flechten den Schweif ihres Pferdes zu einem Knoten ein – der sogenannte „Nudo Vaquero“. In den höheren Klassen kommt auch eine Garrocha zum Einsatz: Mit dieser Stange muss der Reiter einen Ring aufnehmen und ihn an anderer Stelle wieder zurücklegen.
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Welche Rassen sind für Working Equitation geeignet?
Working Equitation ist eine rassenübergreifende Disziplin. Auch in den Prüfungen sind alle Rassen zugelassen. Bei der Weltmeisterschaft im Jahr 2014 bestand das deutsche Team beispielsweise aus einem Welsh Cob, einem Hafliger-Quarter-Mix, einem Pinto und einem Quarterhorse. Die typischste Rasse bei der Working Equitation ist allerdings der Lusitano. Sein guter Galopp und der rhythmische Schritt kommen ihm in den Prüfungen zugute.
Eigenschaften wie Gelassenheit, Wendigkeit, Gehorsam, Intelligenz und Schnelligkeit sind für ein Pferd gute Voraussetzungen in der Working Equitation.
Welche Disziplinen gibt es in der Working Equitation?
Wettbewerbe beginnen bereits mit der Führzügelklasse, innerhalb derer die Nachwuchs-Worker einen Stiltrail absolvieren müssen. In der Einsteiger- und in der Anfängerklasse kommt dann noch eine Dressurprüfung hinzu. Ab der leichten Klasse gilt es zusätzlich in einem Speedtrail mit Geschick und Geschwindigkeit zu punkten, außerdem kommt die Rinderarbeit als Wettbewerbskategorie dazu.
Stiltrail: Der Stiltrail setzt sich aus 12 - 16 Hindernissen (je nach Klasse) zusammen, die Reiter und Pferd in einer vorgegebenen Reihenfolge möglichst fehlerfrei bewältigen müssen. Er ist eine Verbindung aus Dressurprüfung und Trailparcours. Öffnen von Türen, überqueren von Brücken oder reiten im Slalom um Tonnen sind beispielsweise klassische Herausforderungen des Stiltrails. Mit den Klassen steigt der Schwierigkeitsgrad der Hindernisse.
Speedtrail: Er ist ähnlich wie der Stiltrail, allerdings geht es hier nicht nur um fehlerfreies Bewältigen der Hindernisse, sondern auch um Schnelligkeit. Der Schnellste gewinnt, Fehler am Hindernis werden mit Zeitstrafpunkten geahndet.
Dressurprüfung: Hier werden festgelegte Lektionen geritten. In der Einsteigerklasse darf die Aufgabe vorgelesen werden, in den weiteren Klassen wird die Aufgabe frei geritten. Gern gesehen ist in den Prüfungen ein vom Reiter mitgebrachtes Musikstück, das vom Aufbau her zu den gerittenen Lektionen passt.
Rinderarbeit: In dieser Prüfung muss ein Rind möglichst schnell von seiner Herde durch Pferd und Reiter separiert und in einen abgegrenzten Bereich getrieben werden.
Working Equitation für Einsteiger – Wie kann ich als Anfänger loslegen?
Working Equitation begeistert immer mehr Reiter. Und auch die Pferde freuen sich oft über die willkommene Abwechslung, in der sie ihr Geschick und ihre Gelassenheit unter Beweis stellen können – oder diese für die Working Equitation wichtigen Qualitäten erlernen können.
Einige Anbieter veranstalten Kurse für Einsteiger in die neue Disziplin. Wer auf eigene Faust einsteigen will, kann mit folgenden Übungen anfangen:
Slalom um Pylonen reiten: Die kleinen Hütchen eignen sich hervorragend für die Vorbereitung auf den Trail. Mit dem Umreiten von Pylonen trainierst Du die Wendigkeit Deines Pferdes und lernst, feine, genaue Hilfen zu geben.
In der Working Equitation finden sich verschiedene Arten von Slalom. Details zum Aufbau der Pylonen oder Tonnen finden sich in entsprechenden Ratgebern und online.
Zulegen und Zurücknehmen: Feine Tempovariationen spielen eine große Rolle im Trail und in den Dressurprüfungen. Wenn Du das Zulegen und Zurücknehmen auf kurzer Strecke trainierst, bist Du bestens vorbereitet.
Schenkelweichen über eine Stange: Auch diese Aufgabe ist im Stiltrail beliebt. Beim sogenannten Sidepass wird seitwärts über eine am Boden liegende Stange geritten. Für Anfänger empfiehlt es sich, die Übung im Schenkelweichen zu beginnen, Fortgeschrittene können sich auch im Travers versuchen.
Wer anfangs Bedenken hat, sein Pferd könne sich beim unabsichtlichen Tritt auf die Stange verletzen, kann sich auch mit einer Schaumstoffstange behelfen.
Brücken passieren: Die Brücke gehört zu den Basics der Working Equitation. Sie ist mindestens zwei Meter lang, 1,20 Meter breit und 50 cm hoch und muss natürlich dem Gewicht von Pferd und Reiter standhalten. Wer sich keine Brücke anschaffen oder selbst bauen möchte, kann es zunächst mit dem Überreiten einer Plane auf dem Boden versuchen. Hier wird das Pferd auf den ungewohnten Untergrund vorbereitet und lernt dem Reiter zu vertrauen.
Weitere Übungen für Einsteiger
Grundsätzlich ist jedes Training, welches die Gelassenheit des Pferdes und die Zusammenarbeit von Pferd und Reiter fördert, auch gleichzeitig ein Training in Working Equitation. Selbst im Gelände lässt es sich üben: Gatter vom Sattel aus öffnen und schließen, Bäche durchreiten oder um Bäume kreiseln: All das schult die Aufmerksamkeit, Präzision und die Kommunikation von Mensch und Pferd.
Die Rinderarbeit lässt sich natürlich nicht ohne Weiteres erlernen. Schaue nach Seminaren in Deiner Umgebung. Es kann nicht schaden, wenn Du Dein Pferd schon vorher an den Anblick von Kühen gewöhnst, damit es beim Einstieg in die Rinderarbeit nicht entsetzt Reißaus nimmt.
Wenn Du künftig einige Elemente aus der Working Equitation auch in Deine gewohnte Dressurarbeit einfließen lässt, bist Du auf dem besten Weg zum „Worker“!
Fazit
Workig Equitation ist eine Mischung aus Dressur, Geschicklichkeit und Rinderarbeit. Ursprünglich dazu gedacht, alteuropäische Arbeitsreitweisen zu erhalten, findet die Disziplin weltweit regen Zulauf. Die Fangemeinde wächst, was sicher damit zu tun hat, dass Working Equitation jeder Pferderasse offen steht und eine ausgesprochen abwechslungsreiche Disziplin ist, in der die harmonische Zusammenarbeit von Mensch und Tier im Vordergrund steht.